Yes You Can

Das Absolventenpodium der Allgemeinen Rhetorik

Über die Veranstaltungsreihe
Im Verlaufe und vor allem am Ende des Studiums steht für die Studierenden eine schwierige Frage an: Für welchen Beruf soll ich mich entscheiden, welche Kriterien stehen für meine berufliche Lebensplanung zur Verfügung und welche Perspektiven eröffnen den Weg in eine erfolgreiche berufliche Zukunft? Beispielhafte Erfahrungen von Absolventen unseres Faches können darauf hilfreiche Antworten geben.

Dazu wird seit 2008 das Absolventenpodium Yes You Can angeboten: Es handelt sich um eine abendliche Veranstaltung, zu der jeweils fünf Rhetorik-Absolventen zurück an die Universität kommen und den Studierenden vortragen, für welchen Weg sie sich nach dem Studium entschieden haben. Dabei werden unterschiedliche und Erfolg versprechende Berufsbilder für Rhetorikstudierende aufgezeigt, Praktikumsstellen vorgeschlagen oder angeboten und Fragen nach Bewerbungsgesprächen, nach Vorteilen des Rhetorikstudiums für spezifische Berufsfelder oder jeweilige persönliche Entscheidungskriterien diskutiert – ein Abend fachlicher Information, zu dem Sie herzlich eingeladen sind.

Der jährlich im Wintersemester stattfindende Yes You Can-Abend wird von Pia Engel (Geschäftsführerin) und Simon Drescher (Mitglied) organisiert und vom Rhetorikforum gefördert.

Lesen Sie zu den Berufsaussichten auch:

Madeleine Wegner: Rhetorik-Professor Knape: „Wir sind die im Hintergrund“. In: Südwest Presse. 14.09.2017. Abgerufen unter http://www.swp.de/ulm/nachrichten/suedwestumschau/rhetorik-professor-knape_-_wir-sind-die-im-hintergrund_-15729245.html

Berichte vergangener Veranstaltungen

Dass es sich bei Geisteswissenschaften um brotlose Künste handelt, ist ein ebenso altes wie sorgsam gepflegtes Vorurteil. Dass die wissenschaftliche Rhetorik ebendieses Vorurteil in eigener Sache mit Leichtigkeit zu widerlegen weiß, das stellt sie einmal pro Jahr im Rahmen des Absolventenpodiums YES, YOU CAN! unter Beweis.

Der Name der Veranstaltung ist hierbei Programm: Es geht darum, zu zeigen, dass akademisch geschulte RhetorikerInnen allerlei verschiedene Berufswege erfolgreich einschlagen und damit auf vielfältige Art und Weise Karriere machen kann.

Am 17. Januar 2018 berichteten fünf AbsolventInnen des Fachs Allgemeine Rhetorik, die in ihrem Berufsleben in rhetorikaffinen Bereichen zu überzeugen wissen, vom Entdecken und auch von der gezielten Planung dieser Wege. Organisiert und finanziert wurde das Event auch in diesem Jahr durch das Rhetorikforum und das Seminar für Allgemeine Rhetorik. Struktur in das Geschehen brachte dabei das eingespielte ModeratorInnen-Team aus der Geschäftsführerin des Rhetorikforums, Pia Engel, und dem Vereinsmitglied Simon Drescher, die als MitarbeiterInnen und DozentInnen am Seminar für Allgemeine Rhetorik ein Verbindungsglied zwischen den Alumni und den interessierten Studierenden darstellten.

Als erste erzählte Caterina Zanin aus ihrem Berufsleben. Sie arbeitet für die Firmengruppe Liebherr, die mittlerweile elf verschiedene Geschäftsfelder umfasst. Die Produktpalette geht von Baumaschinen wie Kranen und Baggern über Kühlschränke bis hin zu Komponenten für die Luftfahrt und den Schienenverkehr. In diesem Makrokosmos agiert Frau Zanin an einer strukturell wichtigen Schnittstelle: Sie fungiert in der Dachgesellschaft als Teamleiterin im Bereich interne Kommunikation – und betrachtet dieses Thema somit firmengruppenweit. Zudem ist sie gemeinsam mit der zentralen HR-Abteilung mit der Kommunikation der Arbeitgebermarke betraut, die  aufzeigt, was Liebherr zu einem attraktiven Arbeitgeber macht. Kurzum: Caterina Zanin ist Kommunikationsspezialistin  in einem weltweit agierenden Familienunternehmen – und in leitender Position obendrein. Zu diesem verantwortungsvollen Job in der Industrie kam sie nicht durch Zufall oder auf verschlungenen Schicksalswegen, sondern ebnete sich vielmehr den Weg dorthin bereits während ihrer Zeit an der Universität, indem sie schon recht früh im Masterstudium ihren Studienschwerpunkt auf Unternehmenskommunikation legte. Als dahingehend zuträglich erwiesen sich für sie zwei Hauptseminare bei den Dozenten Dr. Claus Rieder und PD Dr. Franz-Hubert Robling sowie ein Praktikum bei der Deutschen Lufthansa AG. Den Job bei Liebherr erlangte Frau Zanin bereits nach kurzer Bewerbungsphase, wobei sich ihre rhetorische Ausbildung als äußerst nützlich erwies: Allgemeine Rhetorik im Lebenslauf – alleine das weckte schon die Neugier der Recruiter. Im Vorstellungsgespräch überzeugten auch die vielen Einsatzgebiete der Rhetorik in einem Unternehmen – sei es das Konzipieren eines Kommunikationskonzepts anhand rhetorischer Kernelemente wie aptum und kairos oder auch das Redenschreiben für das obere Management. Klassische Anwendungsfelder der Rhetorik, die heute zu Frau Zanins Aufgaben gehören.

Der zweite Alumnus, Filip Njezic, ist ebenfalls in der freien Wirtschaft beschäftigt. Er verdient sein Geld als Marketing Assistant bei der in Tübingen ansässigen Firma Sports Nut GmbH,[1] einem Unternehmen, das sich im internationalen Fahrradfachhandel betätigt. Njezics Arbeitsalltag besteht im Wesentlichen in der Planung und Durchführung von PR-Maßnahmen: Er verfasst informative Pressemitteilungen und eingängige Werbeslogans, betreut Key-Accounts, inseriert in Fachmagazinen und konzipiert mitunter sogar Messestände. Auch Herr Njezic ist in seiner Sparte also rundum mit Persuasionsaufgaben befasst. Dabei stand die Rhetorik zunächst gar nicht im Zentrum seines Bildungsinteresses. Vielmehr hatte er sie lediglich als ergänzendes Nebenfach gewählt, begeisterte sich aber so stark für den pragmatisch orientierten Theorieansatz, dass er ins Hauptfach Rhetorik wechselte, um sich intensiver damit auseinandersetzen zu können. Anders als zum Beispiel Caterina Zanin hatte Filip Njezic während des Studiums dabei jedoch noch keine konkreten Karrierepläne geschmiedet und somit auch nie einen festen Studienschwerpunkt gesetzt. Vielmehr erkundete er mit weitreichendem Interesse verschiedene Terrains der Allgemeinen Rhetorik. Dieses Faible für vielfältige kommunikative Aufgaben erwies sich dann auch als entsprechend richtungsweisend bei seiner Arbeitssuche sowie bei seiner schlussendlichen Wahl eines Berufs mit einem weiten Anforderungsspektrum – dem er nun tagtäglich mit dem intellektuellen Rüstzeug begegnet, das sich Filip Njezic laut eigener Aussage im Studium der Allgemeinen Rhetorik erworben hat.

            Laura Herrmann sammelte während ihres Studiums Erfahrung im Print- und TV-Journalismus und visierte nach dem Studium zunächst eine Karriere in den Medien an. Nach ihrem Studienabschluss (M.A.) absolvierte sie daher zunächst ein Volontariat in einer TV-Produktionsfirma in Köln, wechselte aber schon bald das berufliche Parkett: Inspiriert durch ihr Rhetorikstudium wurde auch sie federführende Kommunikationsfachkraft und arbeitet heute für die in Düsseldorf ansässige Douglas GmbH, welche im Parfümerie- und Beauty-Einzelhandel als europäischer Marktführer agiert. In ihrer Funktion als Internal Communications Officer kümmert sich Frau Herrmann um Angelegenheiten der internen Kommunikation, vornehmlich Kommunikation der Führungskräfte an die MitarbeiterInnen des Unternehmens, und bedient sich dabei zahlreicher Medien: der Face-to-Face-Kommunikation beispielsweise in Mitarbeitervollversammlungen, Videobotschaften der CEO, der Print-Kommunikation im Mitarbeitermagazin oder der digitalen Kommunikation durch das Intranet. Überdies berät Frau Herrmann Führungskräfte auch individuell in konkreten Kommunikationsfragen. Da Douglas mit Filialen in 19 europäischen Ländern vertreten ist, sind Englischkenntnisse Grundvoraussetzungen, da sämtliche Kommunikation stets dual erfolgt. Entsprechend förderlich zeigte sich daher Laura Herrmanns Auslandssemester in den USA für ihren späteren Werdegang – ebenso wie die Fähigkeit, persuasive Widerstände methodisch auszumachen und strategisch zu überwinden, die sie als die wichtigste ihrer im Rhetorikstudium erworbenen Kompetenzen betrachtet.

Lukas Ruchti eröffnete indes den Studierenden einen Einblick in den Arbeitsalltag im Bereich der Executive Communications des Stuttgarter Autoherstellers Daimler AG. Konkret bedeutet dies, dass er hauptsächlich als kreativer Texter arbeitet. Zu seinem Produktionsspektrum gehören unter anderem Videoskripte, Interviewleitfäden und vor allem Texte sämtlicher Redegattungen mit ökonomischem, gesellschaftlichem und auch politischem Settingbezug. Empfänger von Ruchtis Arbeit ist dabei übrigens Daimlers Vorstandsvorsitzender, Dr. Dieter Zetsche. Ein Arbeitsplatz im Herzen eines Großkonzerns also – und der Weg dorthin begann mit einem Praktikum, das Ruchti während eines Urlaubssemesters  im B.A.-Studium absolvierte. Als karrieretechnische Türöffner empfiehlt er Praktika daher ebenso wie als notwendige Phasen der Selbsterprobung in der Berufswelt. Nur dadurch nämlich, dass man sich über einen gewissen Zeitraum den realen Arbeitsbedingungen einer Branche aussetze, könne man für sich klären, ob man dort mit seinen persönlichen Fähigkeiten, Ansprüchen und Ambitionen richtig aufgehoben sein könnte. Bei Praktikumsbewerbungen zählt – so Ruchtis Erfahrung – ein überzeugendes Bewerbungsschreiben zumeist mehr als ein langer tabellarischer Lebenslauf. Erfolg bringt hier also die strategische Eigenwerbung, die geschulte RhetorikerInnen unter Bezeichnungen wie Image-Generierung, Personal Branding oder Ethos-Entwurf vertraut ist.

Während alle anderen Podiumsgäste Anstellungen innehaben, arbeitet Martina Klein als Freiberuflerin. Für diverse, wechselnde Auftraggeber war sie bereits als Autorin und Dozentin tätig. Sie verfasst Drehbücher, Theaterstücke sowie allerlei Sorten von Prosa in diversen Genres. Die jeweils aktuellen, variierenden Projektsituationen bestimmen dabei ihren Arbeitsalltag. Ihr weiter Aktionsradius fordert von ihr bisweilen ein hohes Maß an Flexibilität, garantiert aber eben zugleich einen gewissen Abwechslungsreichtum. So hat Frau Klein u.a. Film- und Fernsehproduktionen mit Texten beliefert, Kinderbücher und Kurzgeschichten verfasst und Game-DesignerInnen in Sachen Storytelling gecoacht. Den großen Nutzen ihres Rhetorikstudiums sieht Klein darin, dass sie im Zuge dessen lernte, die verschiedenen rhetorischen Wirkmöglichkeiten von Texten zu betrachten – eine Fähigkeit, die sich auch im Rahmen ihres Zweitstudiums als hilfreich erwies, denn nach dem Rhetorik-Studium (M.A.) in Tübingen absolvierte sie noch eine Ausbildung zur Drehbuchschreiberin an der Deutschen Film- und Fernsehakademie in Berlin, um sich ihren Weg in eine spezifische Sparte zu ebnen. Wer wie Klein im Kunstmetier und Kulturgewerbe als Selbständige/r Fuß fassen möchte, muss ihrer Erfahrung gemäß über die Fähigkeit verfügen, sich selbst zu präsentieren, um neue Aufträge zu bekommen und auch neue AbnehmerInnen für Werke sowie FördererInnen von Projekte zu überzeugen. Mit Blick auf den Einstieg in die Branche empfiehlt auch sie Praktika bei entsprechenden Institutionen wie beispielsweise Theatern, Filmförderanstalten, Literaturagenturen etc.

Im Anschluss an die Interviews der Alumni wurde auch in diesem Jahr den anwesenden Studierenden Raum gegeben, um sich mit individuellen Fragen an das Podium zu wenden. So kam u.a. die Rede auf die eventuelle Bevorzugung bestimmter universitärer Abschlüsse in der freien Wirtschaft: Muss es wirklich immer ein M.A. sein? Die Antwort darauf? Es kann – muss aber eben nicht. So kann es je nach Unternehmen und angestrebter Einstiegsposition der Fall sein, dass ein höherer Studienabschluss wie M.A. oder gar Promotion von Vorteil ist, aber, wie ja auch der Werdegang von Lukas Ruchti zeigt, kann durchaus auch der B.A. zu einem direkten Einstieg in die gewünschte Branche genutzt werden.

Da die Studierenden in diesem Kontext auch Ratschläge für das Bewerbungsprozedere erbaten, empfahl Caterina Zanin, dieses als rhetorische Herausforderung in Sachen ethos-Konstruktion zu denken und sich im Vorfeld unbedingt strategische Gedanken hinsichtlich der mündlichen und schriftlichen Eigendarstellung zu machen.

Abschließend kamen die Studierenden noch auf die große Frage danach zu sprechen, was die Allgemeine Rhetorik gegenüber thematisch und methodologisch ähnlich gelagerten Studienfächern im Besonderen auszeichnet: Was antworten auf die Frage, was uns als BewerberInnen so besonders qualifiziert? Laura Herrmann verwies hierbei auf die ubiquitäre Anschlussfähigkeit der Rhetorik, die das Fach etwa im Vergleich mit den institutionsfokussierten Medienwissenschaften auszeichne – wo zielgerichtet kommuniziert wird, kann Rhetorik ihren Platz finden. Daran anknüpfend lobte Martina Klein, dass die moderne Rhetorikforschung zugleich ihre antiken Wurzeln nicht vergessen hat, sondern sich die Fülle der Erkenntnisse eines nunmehr seit zweieinhalb Tausend Jahren währenden Diskurses zunutze machen kann.

[1] Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Berichts haben sich der Arbeitgeber und die Position von Filip Njezic geändert.

Bericht von Philipp Lotz, Schriftführer

Eine Frage, die gewiss alle Studierenden der Geisteswissenschaften kennen und vielleicht auch ein klein wenig fürchten?

„Was kann man denn mit deinem Studienfach später eigentlich machen?“

Doch so ungern wir sie auch hören mögen: die Frage als solche ist durchaus berechtigt, denn im Gegensatz zu manch anderem Ausbildungsweg ist ein geisteswissenschaftliches Studium nicht darauf ausgerichtet, auf eine ganz bestimmte Laufbahn vorzubereiten. Stattdessen eröffnet sich ein breites Spektrum möglicher Berufswege, unter denen es ganz individuell den richtigen zu finden gilt.

Um den Studierenden der Allgemeinen Rhetorik die Vielfalt dieser Möglichkeiten vor Augen zu führen, veranstaltet das rhetorikforum in Kooperation mit dem Seminar für Allgemeine Rhetorik seit 2008 die alljährliche Podiumsdiskussion Yes You Can! Im bekannten und bewährten Format berichteten auch 2017 fünf erfolgreiche AbsolventInnen der Allgemeinen Rhetorik von ihrem Berufseinstieg, von ihren unterschiedlichen Karrierewegen und nicht zuletzt auch von Relevanz und Nutzen rhetorischer Kompetenz in ihrem jeweiligen Arbeitsalltag. Die Leitung der Podiumsdiskussion übernahm Pia Engel, die amtierende Geschäftsführerin des rhetorikforums, zusammen mit Vereinsmitglied Simon Drescher, der in diesem Jahr erstmals die bislang von Prof. Dr. Olaf Kramer versehene Moderatorenrolle übernahm.

Als erster Absolvent kam Okke Danelzik zu Wort, der als Redenschreiber in einem „klassisch rhetorischen“ Beruf tätig ist. Seine Vita liefert nicht nur ein Paradebeispiel für den nahtlosen Übergang vom Studium in den Beruf, sondern zeugt auch davon, dass bisweilen eine Lehrveranstaltung im Fach Allgemeine Rhetorik dazu beiträgt, einen ganz bestimmten Berufswunsch herauszukristallisieren. So besuchte Danelzik als Student ein Praxisseminar zum Thema „Redenschreiben in der Wirtschaft“, das von zwei Kommunikationsexperten des Automobilkonzerns Daimler geleitet wurde – und arbeitet heute selbst für Daimler, und zwar in exakt dem Bereich, den er in diesem Praxisseminar erkundet hatte. Was er mit Blick auf seinen eigenen Werdegang als die nützlichste Kompetenz betrachtet, die er in seinem Studium erwerben konnte? Ganz einfach: Die Textanalyse wie auch -produktionskompetenz, die die Studierenden vom ersten bis zum letzten Semester durchgehend trainieren, denn als RedenschreiberIn gilt es zum nicht nur, konstant über tagesaktuelle Themen informiert zu sein, sondern auch mit Zeit- und Leistungsdruck produktiv umgehen zu können.

Die Fähigkeit, in unterschiedlichen und bisweilen auch stressigen Situationen angemessen zu kommunizieren und auch komplexe Zusammenhänge im Allgemeinen differenziert zu betrachten, hat indes auch Dr. Nikola Wiegeler aus ihrem Studium mitgenommen. Als Senior Executive Assistant des Tübinger Biopharmazie-Unternehmens Immatics Biotechnologies ist sie in der internen und externen Unternehmenskommunikation tätig. In Anbetracht der überwiegend naturwissenschaftlichen Ausbildung ihrer KollegInnen mag Wiegeler als Geisteswissenschaftlerin als Exotin erscheinen, doch ist etwa gegenüber InvestorInnen stets stilistisch elegantes, verständliches und zugleich strategisch zielsicheres Formulieren zugunsten der Unternehmensziele gefragt – klassisch rhetorische Kommunikation also, mit der sich Wiegeler im Rahmen ihres Rhetorikstudiums und auch ihrer Promotion im Fach Allgemeine Rhetorik eingehend befasste.

Als besonders nützlich im Berufsleben erwies sich für sie zudem ein Auslandsaufenthalt in Australien, im Zuge dessen sie ihr Englisch umgeben von MuttersprachlerInnen so weit trainieren und optimieren konnte, dass sie heute auch für das US-amerikanisches Tochterunternehmen der Immatics Biotechnologies tätig ist. Das souveräne Beherrschen mindestens einer Fremdsprache empfiehlt sie daher als Grundvoraussetzung für eine Karriere in der international vernetzten Wirtschaft, weshalb jeder, der in diesem Bereich Fuß zu fassen gedenkt, unbedingt ein ausreichendes Sprachniveau anvisieren sollte.

Wie Danelzik, so ist auch Marian Baumgärtner bei Daimler angestellt. Anders als der Redenschreiber befasst er sich jedoch mit den kommunikativen Belangen einer ganz konkreten Unternehmenssparte: Als Spokesperson, also als Pressesprecher, ist er im Handels- und Produktionssegment für Lastkraftwagen (Daimler Trucks) tätig, für das er vor allem Presse-Briefings arrangiert und durchführt. Da sich diese Briefings vorrangig an FachjournalistInnen richten, ist er dafür zuständig, Informationen zu Produkten und Prozessen ebenso verständlich wie ansprechend zu vermitteln. Den Wechsel von der Universität ins Unternehmen Daimler vollzog Baumgärtner nach und nach – und begann damit bereits während des Studiums: Auf ein Unternehmenspraktikum ließ er eine Werkstudententätigkeit folgen und schrieb schließlich eine Masterarbeit mit Konzernbezug. Nach Studienabschluss war er zunächst im Bereich der internen Kommunikation tätig, ehe er zur Daimler-Pressestelle wechselte. Wer sich als Spokesperson behaupten will, dem rät Baumgärtner dazu, auf zweierlei besonderen Wert zu legen: Zum einen darauf, das Tagesgeschehen stets im Blick zu behalten, um jederzeit informierte Aussagen treffen zu können, und zum anderen auf die Fähigkeit, souverän zu präsentieren – wenn es darauf ankommt, auch aus dem Stegreif.

Auch Dr. Ulrich Schermaul leistet Öffentlichkeitsarbeit, und das gleich in doppelter Hinsicht: Als Referent für Public Relations der Stadtwerke Tübingen ist er nicht nur für die Außendarstellung des Unternehmens in den Medien verantwortlich, sondern ist zugleich auch in der internen Unternehmenskommunikation tätig. Den großen Mehrwert des Rhetorikstudiums für seine Arbeit sieht Schermaul in der Aneignung eines erfolgsorientierten Kommunikationsverständnisses, der Oratorperspektive, da genau diese kommunikative Denkweise im Bereich Public Relations gefragt und der souveräne Umgang damit von entsprechendem Vorteil ist.

Mit Blick auf die Berufsorientierung rät er den Studierenden der Allgemeinen Rhetorik dazu, die Lust an den Themenbereichen des Fachs und auch am wissenschaftlichen Arbeiten per se nicht zu kurz kommen zu lassen, sich parallel zum Studium aber auch durch Praktika, Ferien- oder Nebenjob etc. in der Berufspraxis zu erproben, um Erfahrungen zu sammeln und auszuloten, wie das eigene Kompetenzprofil aussehen könnte und in welche berufliche Richtung es weitergehen soll. Steht dann schließlich die Bewerbung an, empfiehlt er außerdem, sowohl die Branche als auch das spezifische Unternehmen, in dem sich die Studierenden bewerben möchten, detailliert auf ihre rhetorischen Dimensionen zu untersuchen, um bereits im Bewerbungsgespräch ganz konkret aufzeigen zu können, welchen exklusiven Mehrwert die Rhetorik – und folglich auch der/die BewerberIn – dem Unternehmen zu bieten vermag.

Zu guter Letzt berichtete Lena Maier aus ihrem Arbeitsalltag. Den Einstieg in die Werbebranche fand sie als Texterin, doch mittlerweile ist sie als Creative Director Concept/Strategy dafür zuständig, Strategien für den erfolgreichen Marktauftritt von Marken zu erarbeite und Produktlinien so zu einer wirksamen Präsentation zu verhelfen. Ihr Arbeitsumfeld erweist sich dabei als jung und dynamisch, ihr Aufgabenbereich als ein stetes Wechselspiel zwischen Teamwork und Solopartien, das ebenso nach Flexibilität wie nach einer umfassenden Allgemeinbildung verlangt, da die unterschiedlichsten Marken als solche etabliert werden wollen.

Das Rüstzeug für diese Arbeit hat Lena Maier im Rhetorikstudium erworben, denn hier lernte sie strategisch zu kommunizieren, fokussiert kritisch zu denken, sachbezogen kreativ zu werden und souverän Texte zu unterschiedlichsten Themen zu gestalten. Allerdings merkt Maier auch an, dass Studienerfahrungen allein nicht ausreichen, um auf den Anforderungen der Werbung gewachsen zu sein. Allen Studierenden, die sich für diese Branche interessieren, legt sie daher nahe, sich vorher bereits fernab der Studienordnung in der Organisation und Umsetzung eines ganz eigenen Projektes zu erproben, etwa als BloggerIn oder EventveranstalterIn, um so die Grenzen der eigenen Kreativität und Koordinationsfähigkeit auszuloten.

Yes You Can! endete auch in diesem Jahr damit, dass im Anschluss an die Podiumsdiskussion die Studierenden Gelegenheit erhielten, Fragen rund um den Themenkomplex ‚Beruf und Berufseinstieg‘ an die AbsolventInnen zu richten. Besonderes Interesse galt dabei in diesem Jahr der von der Mehrzahl der AbsolventInnen angesprochenen Herausforderung des Kreativitätsdrucks: Wie kann in der kommunikativen Praxis konstruktiv damit umgegangen werden, dass die Deadline unerbittlich näher rückt, sich aber partout keine zündende Idee einstellen will? Die AbsolventInnen empfahlen mit Blick auf ihre eigenen Erfahrungen vor allem das Aufbrechen der Arbeitsroutine, um den Kopf für neue Ideen zu öffnen und die zu bewältigende Aufgabe aus einer neuen Perspektive zu betrachten – sei es durch eine regenerierende Pause, durch einen Wechsel des Arbeitsplatzes oder durch das Gespräch mit Vertrauten.

Bericht von Philipp Lotz, Schriftführer (Redaktion: Kathrin Schelling, Schatzmeisterin)

Yes You Can 2015 / 2016

Am 20. Januar 2016 fand zum siebten Mal die vom rhetorikforum konzipierte und mit Unterstützung des Seminars für Allgemeine Rhetorik organisierte Podiumsdiskussion Yes You Can! statt. Im Rahmen jener turnusmäßig abgehaltenen Veranstaltung berichten erfolgreiche Absolventen des Rhetorik-Studiengangs interessierten Studenten über ihren Berufseinstieg sowie über ihre ersten und weiteren Karriereschritte. Auf Wunsch des Vereins soll von den Geladenen dabei besonders der profitable Nutzen resp. die ertragreiche Ummünzbarkeit des im Studium Erlernten für die jeweiligen Berufe herausgearbeitet werden.
Um den weiten Horizont beruflicher Perspektiven für Rhetoriker exemplarisch zu verdeutlichen und um den Studierenden Anregungen für potenzielle spätere Betätigungsfelder zu geben, erfolgt die Auswahl der Podiumsdiskutanten obligatorisch nach pluralistisch-differenziellen Gesichtspunkten. Anno 2016 konversierte das rhetorikforum in Gestalt der beiden Moderatoren und Vereinsmitglieder Pia Engel und PD Dr. Olaf Kramer mit vier Alumni, welche in höchst verschiedenen Berufssphären rhetorikaffin tätig sind.

Da war zum Beispiel Alexander Blum (Bachelor of Arts), der bereits während seines Rhetorikstudiums professionell als Fotograf und Journalist gearbeitet hat – und zwar schon damals u.a. im Auftrag der BILD-Zeitung, für deren Sonntagsausgabe er mittlerweile als Fotoredakteur tätig ist. Wenngleich journalistische Fotografie prima vista rein dokumentarischen Zwecken zu dienen scheint, so erkennt Blum jedoch in nahezu sämtlichen Stadien seiner Arbeit eine dominante rhetorische Komponente. Von der Auswahl des Motivs bis hin zur Bildkombinatorik – immer gehe es hierbei darum, Gegebenheiten der visuell einfangbaren Welt nach der Maßgabe diverser Relevanzkriterien vorzuzeigen und somit für eine gewisse Sicht der Dinge zu werben. Mit Rekurs auf die Ethos-Kategorie im antiken Rhetorikdiskurs sowie auf das vir-bonus-Ideal erörterte Alexander Blum überdies noch die moralischen Implikaturen bei der Publikation von brisantem Bildmaterial.

Während Herrn Blums Wirken die breite Öffentlichkeit anvisiert, zielt Dr. Zarah De Luca-Hellwigs (Magister Artium) Tätigkeit auf eine ganz spezielle Gruppe von Leuten. Als Mitarbeiterin des IT-lastigen Innovationsforschungszentrums TWT (technisch wissenschaftlicher Transfer) verkehrt die promovierte Geisteswissenschaftlerin vor allem unter Natur- und Computerwissenschaftlern. Ihr primäres Arbeitsfeld ist das sogenannte change management. Sie berät Kunden ihres Arbeitgebers bezüglich der Möglichkeiten, Innovationswechsel mit Hinblick auf technischen Fortschritt sowie auf kommerziellen Erfolg zu betreiben. Explizit betonte Frau De Luca-Hellwig, jenes intellektuelle Rüstzeug, das für ihren Job unabdingbar sei, im Laufe ihres Rhetorikstudiums erworben zu haben. Überdies lobte sie die praktische Ausrichtung des Tübinger Studiengangs und empfahl Rhetorikern, deren Berufswünsche in Richtung freie Wirtschaft gehen, unbedingt schon während des Studiums per Praktika erste Erfahrungen im jeweils als interessant empfundenen Arbeitsbereich zu sammeln. Anbei äußerte sich die junge Mutter noch zum Thema der Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Aus ihrer eigenen Erfahrung heraus offenbarte Zarah De Luca-Hellwig in dieser Angelegenheit eine weitestgehend positive Sicht der Dinge:  Bei einem wohlwollenden Arbeitgeber und mit etwas Planungsgeschick führe die Zäsur der Mutterschaft keineswegs zu einem Karriereknick, sondern zeitige nicht mehr als eine kurzfristige Pause, die dem beruflichen Fortschritt aber keinen Abbruch tue.

Einen für Rhetoriker absolut klassischen Berufsweg beschreitet Resa Hausner (Master of Arts). Die ehemalige Schatzmeisterin des rhetorikforums arbeitet als Rhetoriktrainerin und Weiterbildungsreferentin. Letzteres tut sie auf Festgehaltsbasis in Diensten der in Stuttgart angesiedelten WBS Training AG. Im Auftrag jenes Konzerns berät sie vor allem Firmenkunden in kommunikationsbezogenen Angelegenheiten. Dies bewerkstelligt sie auf der Grundlage eigens eruierter und individuell zugeschnittener Fortbildungsprogramme. Mit ihrer Tätigkeit als Trainerin begann Frau Hausner bereits während des Studiums. Anfangs noch auf ehrenamtlicher Basis und semi-laienhaft agierend, vermochte sie sich schnell zu professionalisieren und damit einhergehend zu profilieren. Heute reüssiert sie als profunde Vermittlerin kommunikativer Kernkompetenzen. Ihr Angebotskatalog ist reich im Sortiment: Zu diesem zählen beispielsweise Schulungen in nonverbaler interkultureller Rhetorik, Training in Konfliktmanagement oder auch Debattierübungen. Mit ihrem beruflichen Werdegang repräsentiert Resa Hausner das Paradebeispiel einer peu à peu planvollen Entwicklung vom akademisch Lernenden zum freiwirtschaftlich Lehrenden. Einen derart gestaffelten Einstieg ins Berufsleben empfiehlt Frau Hausner nachdrücklich jenen Studierenden, die sich für das Trainerwesen interessieren, da man nur im sukzessiv komplementären Wechselspiel von theoretischem Wissenszuwachs und praktischer Erfahrungssammlung vital in dieses Berufsfeld hineinwachsen könne.

Aber auch die absolut vorrangige Konzentration auf die akademische Ausbildung im Fach Rhetorik führt nach Ansicht von Philipp Ciziroglou (Bachelor of Arts) nicht zwangsläufig in die mögliche Sackgasse Elfenbeinturm. Der Tübinger Studiengang sei nämlich lehrplanmäßig so konzipiert, dass man (unter Voraussetzung der Lernwilligkeit) eine solide Grundausbildung im allgemeinen kommunikativen Bereich erhalte. Damit böten sich nach dem Abschluss mannigfaltige Joboptionen, vor allem auch deshalb, weil das Absolventenpersonarium der Allgemeinen Rhetorik mittlerweile berechtigterweise im Ruf eines Menschenmarkts der Kreativen stehe. Ein properes Arsenal an Basalkompetenzen auf Professionsniveau könne man sich schon im Laufe des Grundstudiums erarbeiten. Herr Ciziroglou etwa sah sich mit dem Bachelor-Abschluss in der Tasche qualifikationstechnisch bereits soweit gereift, dass er den zielgerichteten Sprung ins Berufsleben wagte – und erfolgreich landete, nämlich als Kommunikations- und Marketingbeauftragter beim Fraunhofer Institut, der größten Organisation für angewandte Forschungs- und Entwicklungsdienstleistungen in Europa. Für diesen Arbeitgeber ist Philipp Ciziroglou in erster Linie als Online-Redakteur tätig. Er vermochte aber auch schon als Manager resp. Betreuer von Innovationsprojekten zu überzeugen, überdies betätigte er sich im erlebnispädagogischen Bereich und steht mit seiner beruflichen Vita somit ebenfalls für jene vielfältige Kreativität, welche die Tübinger Rhetorik im Rahmen ihres Ausbildungsprogrammes bei ihren Studierenden zu erwecken bzw. zu entwickeln erstrebt.

Traditionellerweise mündete das Veranstaltungsgeschehen in der Diskussion bzw. Beantwortung von Fragen, welche aus dem Auditorium heraus an die Podiumsdiskutanten gestellt werden durften. So interessierte man sich etwa für förderliche Karrierestrategien, was die Nennung des Stichwortpaares ‚Kontakte und Beziehungen‘ zur Folge hatte, wobei hinsichtlich deren Knüpfung zwei Modi Operandi anempfohlen wurden, nämlich ein quantitativ kol­lek­ti­vie­render Ansatz und eine rein qualitativ selektierende Methode. Ersterer zielt darauf, sich mit möglichst vielen Personen und Institutionen der eigenen Berufssphäre zu vernetzen. Dahingegen besteht die genannte Alternative in der Herstellung der intellektuellen sowie persönlichen Bindung ausschließlich an die Besten resp. Führenden auf dem jeweiligen Tätigkeitsfeld. Darüber hinaus richtete sich der Erkenntniswille der Fragenden auf den Marktwert des Rhetorikabschlusses im Bewerbungskontext. Dahingehend bekundeten die Alumni einhellig die Erfahrung, dass der Studiengang durchaus nicht jedem potenziellen Arbeitgeber referenziell geläufig sei, dass er aber dort, wo er Bekanntheit erlangt hat, in einem exzellenten Ruf stehe, weshalb seine Absolventen in Sachen Jobsuche mithin sehr gute Erfolgsaussichten hätten. Jene Feststellung kulminierte in der Bemerkung Zarah De Luca-Hellwigs, sie kenne keinen einzigen arbeitslosen Rhetorikalumnus. Eine Aussage, deren Gehalt wahrscheinlich viele der zahlreich erschienenen Studierenden wohlig guten Mutes von dannen ziehen ließ.

Bericht von Philipp Lotz, Schriftführer

Yes You Can 2014 – ein Rückblick

Wer Rhetorik studiert, wird im Verlauf des Studiums zum Kommunikationsspezialisten und ist breit aufgestellt. Trotzdem wissen viele nicht so richtig etwas mit Rhetorik anzufangen. Der Blick auf den Stellenmarkt suggeriert, dass Personaler vor allem auf BWLer und Naturwissenschaftler fokussiert sind. Geisteswissenschaftler als Generalisten scheinen dagegen ins Hintertreffen zu geraten. Selbst in typischen Kommunikationsberufen werden Rhetoriker als die Experten auf dem Feld der strategischen Kommunikation nicht gesucht – nur selten finden sich Stellenausschreibungen wie „Rhetoriker / strategisches Kommunikationstalent gesucht“.

Dabei zeigen die TOP-Meldungen der letzten Tage – 16 Millionen geklaute E-Mail-Adressen oder geschönte Zahlen beim ADAC-Preis „Gelber Engel“ – vor allem eines: Eine kluge Krisenkommunikation wird in der Wirtschaft ständig gebraucht. Das macht Rhetoriker wertvoll und notwendig.
Doch wie kann es gelingen, einen Personaler davon zu überzeugen, dass sein Unternehmen dringend einen Rhetoriker braucht?

Eine Antwort auf diese Frage erwarteten die 120 Studierenden gestern Abend (22. Januar 2014) im Vorlesungsraum 036. Das Rhetorikforum konnte erneut vier spannende Alumni für sein alljährliches Absolventenpodium „Yes You Can“ gewinnen, die in einem lockeren Gespräch mit Dr. Jasmina Gherairi und Prof. Dr. Olaf Kramer unterhaltsam einen Einblick in ihr Arbeitsleben und ihren persönlichen Berufsweg gewährten.

Mit Julia Schreiber wurde die Runde eröffnet: Heute ist sie Leiterin der Kommunikation bei Voith Industrial Services Holding GmbH & Co. Doch was bedeutet eigentlich interne Kommunikation in einem international tätigen Industrieunternehmen? Vielfältige Aufgaben, das wurde klar. Von der Krisenkommunikation, dem Corporate Design, dem Change Management bis hin zur kommunikativen Begleitung von Restrukturierungsprozessen ist alles dabei. Rhetoriker haben hier mehr als eine Daseinsberechtigung. Das unterstreicht Julia Schreiber ganz klar. Denn gelingen können solche kritischen Prozesse nur mit jemandem, der genau weiß, wie Kommunikation funktioniert, und strategisch klug und adressatengerecht Botschaften vermittelt. Zuvor war Julia Schreiber mehr als sieben Jahre in einer PR-Agentur. Das Handwerk lernte sie dort in allen Facetten: PR für Großkonzerne wie mittelständische Familienunternehmen, für den Bodenbelaghersteller oder sanitäre Armaturen. Ein Einstieg, den sie nur weiterempfehlen konnte. Was noch? Praktika machen! Auf alle Fälle. Aber keinesfalls 14 Stück, sondern ein paar wenige, dafür keines unter drei Monaten, sonst lernt man nichts, meint die Führungskraft. Die Erzählungen von Julia Schreiber hoben eines besonders hervor: Nicht verbissener Ehrgeiz führte bei ihr zum beruflichen Erfolg, sondern eine Mischung aus Durchsetzungsvermögen und Esprit, mit der sie Anspruch auf Chancen erhob, sobald sie sich ergaben.

Der einzige männliche Gast in der Runde war Matthias Ernst. Er hat 2009 seinen Abschluss gemacht und lässt sich in der Allgemeinen Rhetorik sogar promovieren. Mittlerweile ist er seit einem Jahr Consultant bei der Star Cooperation. Was das ist? Kommt auf den Kunden an, abwechslungsreich in den meisten Fällen.
Lebhaft und amüsant berichtete er über den fehlenden Zehn-Punkte-Karriereplan während seines Studiums. Aktiv war er währenddessen aber auf alle Fälle: Theaterspielen, Regieassistenz beim Landestheater Tübingen und die Moderation einer studentischen Talkshow waren nur ein paar seiner Tätigkeiten, um sich auszuprobieren. Am Ende des Studiums der Philosophie und Rhetorik hatte er keinen geradlinigen Karriereweg aufzuweisen, dafür aber das Wissen, was er nicht will – eine nicht zu unterschätzende Erkenntnis. Mit einem sehr guten Abschluss in der Hochphase der Finanzkrise war es trotzdem nicht leicht, den Berufseinstieg zu finden. Für ihn war dann sein Stipendium in einem Graduiertenkolleg genau das Richtige. Umtriebig war er auch in dieser Zeit: Während seinen Forschungen zu den ersten vier deutschsprachigen Dialektiken des 16. Jahrhunderts ergatterte Matthias Ernst mit einem „immensen Maß an Frechheit“ eine Stelle als freier Redakteur beim Reutlinger Generalanzeiger und schrieb somit regelmäßig – nicht nur an der Dissertation. Worin die Tücken bei der Promotion liegen, die Chancen im Consultant-Dasein und wie wichtig Begeisterung fürs Studium und das Ausprobieren der eigenen Fähigkeiten sind, erzählte Matthias Ernst mit vielen Anekdoten. Auf dem Weg zum beruflichen Erfolg mag oftmals noch nicht offensichtlich sein, wohin die einzelnen Stationen führen. Entscheidend ist es jedoch, offen alle sich bietenden Möglichkeiten zu ergreifen und nicht verbissen in Zement gegossene Pläne zu verfolgen. Das ist der Tipp von Matthias Ernst.

Aufgeweckt und engagiert übernahm Katrin Wilkens das Mikrofon. Mit spannenden Geschichten aus dem Journalismus berichtete sie über die Möglichkeiten vor 9/11, als sie für die Frankfurter Rundschau, die FAZ, die SZ, den SPIEGEL, Allegra, Max und viele andere Blätter ihre Portraits schrieb. Zugleich lieferte sie eine realkritische Analyse des aktuellen Zeitungsmarktes, berichtete über die gesunkenen Überlebenschancen für freie Journalisten, die geringen Tagespauschalen, den fehlenden Anzeigenmarkt und die zunehmende Verquickung von Anzeigen und redaktionellen Beiträgen. Der Journalismus war zu Recht ein Traumberuf. Doch nach 9/11 ist er nur noch denjenigen zu empfehlen, die über Busenfreundinnen oder „Die 10 Geheimnisse des Glücklichseins“ schreiben wollen. Angebote, kurzfristig auf eine zehntägige Weltreise zu gehen, um über ein Börsenseminar zu berichten, haben heute auch bei ihr Seltenheitswert.
Gut zu recherchieren und eine hochwertige Schreibe zu besitzen, ist derzeit auf dem Markt nicht mehr von größter Relevanz, stattdessen sind es Klickzahlen, viele User-Kommentare und Querverweise in anderen Massenmedien. Online-Vermarktung ist alles. Katrin Wilkens‘ Einblicke in ihre journalistische Karriere waren so unterhaltsam wie desillusionierend. Die Information, dass sie als gut vernetzte Journalistin in einer Medienstadt wie Hamburg nur einen einzigen freien Journalisten kennt, der davon leben kann, ist bitter-ehrlich. Nicht weniger spannend ist Katrin Wilkens‘ heutige Haupttätigkeit: Gemeinsam mit einer Freundin ist sie Jobprofilerin (i-do-hamburg.de), was zugegebenermaßen ein catchy Marketingwort ist. Doch der Inhalt hat es in sich: Wer nach einer Babypause zurück in den Beruf will, wer einen Berufswechsel anstrebt oder einfach nicht weiß, wohin es beruflich gehen soll, ist bei Katrin Wilkens an der richtigen Adresse. Mit einem individualisierten Fragebogen, einem Tag voller unzähliger Metaphernfragen finden die zwei professionellen Journalistinnen heraus, welches Berufsfeld tatsächlich passt. Denn was können Journalisten am besten? Fragen stellen. Was würde Katrin Wilkens heute studieren? Rhetorik auf alle Fälle. Das Nebenfach? Unklar, wohl aber nicht Empirische Kulturwissenschaften.

Neben Journalismus ist insbesondere der Trainingsbereich ein beliebter Berufszweig für Rhetoriker. Erfolgreich am Markt hat sich Carmen Kauffmann bereits während des Studiums etabliert. Der Magister-Abschluss führte somit direkt in die Selbstständigkeit. Sie selbst wollte immer ihre eigene Chefin sein, sich nicht von jemandem rein reden lassen. Das ist aber nicht jedermanns Sache! Was muss man also mitbringen? Über viel Arbeit muss man sich freuen können und sich dann mit Leidenschaft reinhängen, aber auch über wenig Arbeit, meint Carmen Kauffmann. Im Sommer, wenn es weniger Aufträge gibt, besucht sie Fortbildungen. Wer ihr zuhörte, kam kaum mehr mit: Im Lauf der Jahre ist die Kommunikation noch immer ihre Wurzel geblieben, doch ihr Portfolio, auch in angrenzenden Bereichen, ist imponierend. Neben den Weiterbildungen im psychologischen Sektor kann sie auch die Ausbildung zur Systemischen Beraterin aufweisen. Ihr Trainingsspektrum ist daher vielfältig und abwechslungsreich: Von Kommunikation und Rhetorik, Verhandlung, Diplomatie oder sozialer Kompetenz bis hin zu Führungstrainings- ein weiterer Vorteil der Selbstständigkeit. Ihr Tipp an zukünftige Rhetoriktrainer: Während des Studiums hospitieren, jede Form von Training geben und begleiten, die sich ergibt, Train-the-Trainer-Seminare besuchen – nur so ist gewährleistet, dass man dafür brennt. Das Tolle an Rhetoriktrainings ist für Carmen Kauffmann der für jedermann sichtbare Erfolg, den sie an zwei Tagen erzielt. Was würde Sie heute anders machen? Rhetorik immer wieder, ihr zweites Hauptfach wäre jedoch direkt Psychologie.

Alles in allem war es ein gelungener Abend, an dem mit Freude zurückgeschaut und häufig gelacht wurde, an dem aber auch viele Informationen ausgetauscht wurden. Wer im kommenden Jahr bei Yes You Can zu Gast sein wird, ist noch unklar, doch eines wird von Jahr zu Jahr klar: Rhetoriker werden gebraucht und alle finden erfolgreich den Einstieg. Der Unterschied ist nur wo und auf welche Weise.

Bericht von Dr. Jasmina Gherairi, Geschäftsführerin a.D.

Alumni-Historie

Wir danken folgenden Alumni für ihre Teilnahme:

  • Laura Herrmann (Internal Communications Officer)
  • Martina Klein (Autorin und Dozentin)
  • Filip Njezic (Marketing Assistant)
  • Lukas Ruchti (Executive Communications)
  • Caterina Zanin (Head of Internal & Employer Brand Communications)

Moderation: Simon Drescher, Pia Engel

Yes You Can 2016/17

Yes You Can 2015/16